Als Pionierin der Coworking-Bewegung in Deutschland war ich seit deren Anfängen in 2005 konzeptionell, vernetzend und organisierend aktiv: Ich habe auf lokaler, nationaler und internationaler Ebene Communities aufgebaut und Projekte angestoßen. Inzwischen transferiere ich dieses reiche Erfahrungswissen in andere Kontexte jenseits der Coworking-Szene. Mehr dazu finden Sie in meinem Projekt-Portfolio.
Der Coworking-Kontext, den man sich inzwischen als weltweites Netz von Infrastrukturen vorstellen kann, ist ein Nährboden für neue Geschäftsmodelle, spätestens seit er in den letzten Jahren sehr stark mit der Startup-Szene verschmolzen ist. Wir als PionierInnen der jungen Szene waren damals im Sinne der Blue Ocean Strategy davon überzeugt, in großem Ausmaß unbefriedigte NutzerInnenbedürfnisse im Bereich der Arbeit identifiziert zu haben. Es ging uns nicht um Nischenprodukte, sondern um Massenmärkte, auf denen es in Zukunft Coworking Spaces wie Waschsalons an jeder Ecke geben würde. Später konnten wir tatsächlich MitgestalterInnen und ZeugInnen der Entwicklung einer ganz neuen Branche werden. Aus dieser langfristigen Erfahrung und Beobachtung bringe ich ein enormes Feld-Knowhow mit, aber auch eine gute allgemeine Einschätzung langfristiger Innovationszyklen und damit zusammenhängender Erfolgsfaktoren.
Die Coworking-Szene hat sich mittlerweile stark ausdifferenziert. Andererseits ist auch eine Standardisierung zu beobachten, weil die Öffentlichkeit inzwischen ein Bild von Coworking hat, welches neue MarktteilnehmerInnen zur Nachahmung einlädt. Die Ausdifferenzierung zeigt sich in der enormen Bandbreite der Coworking Spaces, die von inhabergeführten oder vereinsmäßig organisierten Liebhaber-Projekten über ganze Campus-Projekte bis zu globalen Ketten wie WeWork reicht. Und sie zeigt sich in der Bildung neuer Szenen, wie jene, die sich unter dem von Frithjof Bergmann geprägten Begriff New Work formiert hat: Sie nimmt in erster Linie die Arbeitskultur in den Blick und will einen Wandel in Unternehmen herbeiführen. Gleichzeitig werden unter dem Label Corporate Coworking Konzepte entwickelt, die Arbeitskulturen und -infrastrukturen in der Unternehmenswelt zukunftsgerecht transformieren sollen. All dies sind deutliche Zeichen, wie stark wir uns in einem Prozess der Annäherung von Unternehmenskontexten und Pionierszenen befinden. Dieser Wandel spiegelt sich auf der anderen Seite in der zunehmenden Bandbreite der NutzerInnen von Coworking Spaces wider.
Coworking betrachte ich sehr stark kontextbezogen. Coworking Spaces haben sich vor allem in größeren Städten zu neuen Marktplätzen und Knotenpunkten neuer Arbeitsformen entwickelt und gelten als wichtige Elemente eines Startup-Ökosystems. Deshalb sind sie inzwischen von großem Interesse für die lokale und überregionale Wirtschaftsförderung. Gleichzeitig betrachte ich die Rolle von Coworking Spaces im Zusammenhang mit Stadtentwicklung: Denn die neuen Arbeitsorte sind durchaus auch Triebkräfte von Gentrifizierung, da viele von ihnen sich implizit oder explizit an die kreative Klasse als Zielgruppe wenden. Von nachhaltig agierenden ProjektentwicklerInnen ist darauf zu achten, dass die von der internationalen Coworking-Bewegung ausgerufenen Grundwerte Zusammenarbeit, Zugang, Offenheit, Community und Nachhaltigkeit in einer solchen Dynamik nicht unter die Räder kommen und soziale Spaltungsprozesse wie zum Beispiel das Stadt-Land-Gefälle weiter vertieft werden.
Solche gesellschaftlichen Einflusskräfte mitzubedenken, sie in der Projektentwicklung auszubalancieren und sogar Gegenkonzepte zu entwickeln, gehört zum Selbstverständnis meiner Arbeit. Dafür nehme ich auch ungewöhnliche Zielgruppen und Standorte in den Fokus und stelle stets die grundsätzliche Frage, wer mit wem warum zusammenarbeiten soll. Vor diesem Hintergrund entwickele ich auch gerne Handlungsempfehlungen für politische AkteurInnen.